Gut, rein prinzipiell habe ich dem Film 300 ja bereits jeden Anspruch auf Anspruch abgesprochen. Das ist eine feine Sache und macht auch gar nichts. Denn der Film macht ja in seiner primitiven Art und Weise bekanntlich glücklich. Doch nun ist mir etwas in den Kopf gefallen, das mein Innerstes zweimal kräftig durchgeschüttelt hat:
Es war Dienstag, der 1. Mai, und so ca 20.45 Uhr. Da lernte der, der zu langsam war, um pünktlich zu Beginn der Fernsehübertragung des Champions League Halbfinal-Rückspiels zwischen dem FC Liverpool und dem FC Chelsea London den Ton wegzuschalten, um den Worten des hirntoten Kommentators zu entfliehen, dass den Spielern beim Verlassen der Katakomben des legendären Stadions an der Anfield-Road, dem Betreten der Arena, ein kleines Schild ins Sichtfeld rückt, auf dem Weiß auf Rot steht: „THIS IS ANFIELD“. Bumms, da saß ich jetzt und reminiszierte selbstverständlich an das pompöse „THIS! IS! SPARTA!“-Gebrüll von König Leonidas, als er den Perser in den Brunnen kickt. Bestand dort möglicherweise ein Zusammenhang? Hat da wer beim andern abgeschaut? Gigantisch.
Es klingt blöd und ist doch so einfach. Mit einem solchen Satz kann man seinem Gegenüber recht unumständlich und prägnant verdeutlichen, wo er sich gerade befindet und, was in unserem Fall natürlich eher zutrifft, worauf er sich da eingelassen hat. Denn keiner fordert ungestraft die Leute von Anfield/Sparta heraus.
Wer jetzt allerdings die Hosen voll hat, wem klar wird, dass Anfield/Sparta vielleicht doch nicht die richtige Adresse war, für den ist der Zug abgefahren. Denn dieses besagte Schild am Ausgang der Katakomben, am Eingang zum Spielfeld, hängt an einem Ort, den der englische Volksmund „point of no return“ nennt. Wenn du das Schild siehst, wenn du die Schnittstelle zwischen Umkleideraum und Spielfeld, zwischen Interviews geben und Taten sprechen lassen, zwischen Schein und Sein überschritten hast, gibt es keine Umkehr mehr für dich. Wer sich mit den Spartanern/Liverpoolern anlegt, muss zu seinem Wort stehen.
Der Satz von König Leonidas stellt im Film den Point of no return. Mit ihm (und dem Tritt gegen den Perser-Gesandten) besiegelt er den Krieg gegen die Perser und vergibt jede Chance auf eine friedliche Lösung.
Aber wer will schon Frieden, wenn man auch so einen famosen Krieg (Fußball) haben kann. 😉
Doch wer hat nun von wem abgeschrieben? Meines Wissens nach hat irgendein Club-Besitzer 1955 dieses Schild im Stadion anbringen lassen. Frank Millers Graphic-Novel „300“ (die Vorlage zum Film) ist auf jeden Fall jünger. Also bleiben nur zwei drei Möglichkeiten: Frank Miller hat das gleiche gedacht wie ich ODER jemand anders hat das gleiche gedacht wie ich und es Frank Miller erzählt ODER alles ist nur ein sehr netter Zufall, der mir außerordentlich gut gefällt und bei dem es mir gar nichts ausmacht, dass er einer ist.